Vermischtes

Artenschutz – Ein alter Hut

Ein Gesetzentwurf gegen die Damenhüte mit Federschmuck.

Aus London wird berichtet: Der sehr berechtigte und nothwendige Kampf gegen den Vogelmord zu Putzzwecken nimmt in England anscheinend eine neue Form an. Die »Humanitarian League« will dem Parlament einen Gesetzentwurf vorlegen, um der im großen betriebenen Ausrottung der Vögel für Modezwecke Einhalt zu gebieten.

Der Antrag will die Hüte selbst treffen. Das Gesetz soll den Verkauf und Gebrauch von Federn im Putzgeschäft regeln. Die Damen würden also künftig auf das zu sehen haben, was sie tragen. Sie können ihre Hüte mit Straußenfedern, Taubenflügeln oder Pelikanköpfen schmücken, dürfen aber keine von Fischadlern, Kolibris, Paradiesvögeln, Fasanen, Seeschwalben, Sturmmöven oder Eisvögeln tragen.

Es soll nach dem Gesetzentwurf eine Strafe von 100 M. Jedem auferlegt werden, der trägt oder zum Zwecke des Tragens – ob getrennt oder an einem Hut oder anderen Stücken des Anzuges – irgend ein Theil des Gefieders oder Balges von einem der oben erwähnten Vögel besitzt, zum Verkauf anbietet oder zum Zweck des Verkaufens besitzt. Bei jeder Überführung soll das Gefieder eines solchen Vogels, das im Besitz der überführten Person gefunden wird, oder jedes Anzugstück, an dem es befestigt ist, von der Krone mit Beschlag belegt werden, und die Kosten des Verfahrens sollen von der überführten Person getragen werden. Die Vorlage ist noch nicht eingebracht worden, aber alle Bemühungen, die schönen gefiederten Geschöpfe zu schützen, werden in England sicher Unterstützung finden.

Möchte doch auch in Deutschland dieser grausamen Unsitte durch ein Gesetz gesteuert werden, da alle Appelle an das Herz und den gesunden Sinn der Frauenwelt durch die allmächtige Mode wirkungslos gemacht werden. Wo vernünftiges Zureden nicht mehr hilft, können eben nur Gesetze helfen.

Allgemeine Zeitung Nr. 192. Abendblatt. München, Samstag, 13. Juli 1901.